Fast verblutet und fast erfroren – trotzdem ist es seine Berufung

Eigentlich sollte es nur eine kleine Kletterschule im Blautal werden. Heute ist Hans Honold an den entlegensten Orten der Welt unterwegs und führt Gäste mit kleinem und großen Budget zu ihren Traumzielen. Richtig gefährlich wurde es für ihn in Grönland, als er 300 Meter tief abgestürzt ist und er seine Rettung trotz vierfachem Oberschenkelbruch selbst organisieren musste. Wir haben dem Bergführer aus Blaubeuren ein paar Fragen gestellt.

Du warst schon unter anderem in Island, Norwegen, im Iran, Spitzbergen und Grönland. Wo hat es dir am besten gefallen?
Definitiv die Antarktis, es ist zwar alles weiß aber wer einmal dort war, den lässt das nicht mehr los und Du kommst als völlig anderer Mensch nach Hause. Aber wenn Du die Länderauswahl da oben meinst, dann schwanke ich zwischen Grönland und Spitzbergen, oder doch dem Iran? Egal, ich bin da eh bald wieder.

Gab es in den letzten Jahren Situationen in den du gedacht hast: Das ist grade nochmal gut gegangen?
Eng ist es immer wieder einmal. In Grönland war es vor ein paar Jahren aber spitz auf Knopf. Bei einem 300m Absturz habe ich mir den Oberschenkel 4x gebrochen, bin dadurch anschließend fast verblutet und erfroren. Wenn Du dann deine Rettung noch selbst organisieren musst, wo es eigentlich keine gibt und alles klappt dann kann man sich auf die Schulter klopfen. Die Ärzte im BWK wundern sich heute noch wie man das überleben kann. Ich muß mich aber auch ohrfeigen für den kleinen Fehler, der dazu geführt hat.

Was ist das größte Problem der Menschheit?
Es sind zwei: das reichste Prozent der Weltbevölkerung und der Klimawandel.

Wer sind deine Kunden? Geschäftsleute, die endlich mal raus wollen und sich körperlich eigentlich total falsch einschätzen?
Ich würde sagen ein buntes Spiegelbild der Gesellschaft. Vom Studenten zum Meister und Ingenieur, wie auch von der Hausfrau bis zum Milliardär ist alles dabei. Gelegentlich verirrt sich auch mal ein Promi. Das Problem bei den Großkopferten sind eigentlich nur deren Manager, die das organisieren. Sie selbst sind dann später ganz handzahm. Die allermeisten schätzen sich sehr gut und richtig ein. Bei den Mädels gibt es eine höhere Anzahl die sich völlig unterschätzen und bei den Männern immer wieder welche die sich hoffnungslos überschätzen.

Wie viele Tage im Jahr bist du unterwegs?
Das kommt auf´s Jahr an und was so los ist. Dieses Jahr werden es 6 Monate.

Was hast du in den letzten Jahren gelernt? Wer so viele schöne Dinge sieht, bringt viel Wissen wieder mit nach Hause, oder?
Beruflich: Vor allem mehr Gelassenheit als früher. Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird.
Persönlich: Eine völlig andere Sicht des Weltgeschehens und vielleicht ein bisserl mehr Weisheit, aber das bekommt der Schwabe mit 40 sowieso.

Was haben deine Eltern dazu gesagt also du dich selbstständig gemacht hast?
Meine Eltern sind Landwirte und hätten es gerne gesehen, wenn ich den Hof übernommen hätte. Für mein Vorhaben hatten sie wenig Verständnis und ich glaube sie konnten auch nicht richtig nachvollziehen um was es wirklich geht.

Du bist oft von zu Hause weg – denkst du nicht manchmal: jetzt werde ich ruhiger und such mir einen “normalen” Job? Oder ist das Reisen in deinem Gencode verwurzelt?
Nein, ich werd weiter Gäste auf unsere Berge und in die Welt begleiten. Wer will schon einen normalen Job? Aber Lehrer für Geographie wäre als Ergänzung eventuell etwas so nebenbei.

Verschiebt sich der Blick auf das, was wichtig ist, wenn man sich so viel mit Natur und den Naturgewalten umgibt?
Ganz sicher hin zum Wesentlichen. Vor allem merkt man wie klein und unwichtig man eigentlich ist für diesen Planeten.

Was sind deine Lieblingstouren?
Gibt´s eigentlich nicht, wir haben so viele lässige Touren da kann man sich schlecht festlegen. Bei den Skitouren auf Spitzbergen oder unseren Polartouren kann ich aber nicht nein sagen, das weiß auch meine Frau.

Was ist dein Lieblingsplatz in der Region?
Die Terrasse meines Hauses.

Du hast ja Alpine Welten gegründet – machst du alle Touren selbst, oder hast du Leute die dich dabei unterstützen?
Ich war nur das erste halbe Jahr alleine, dann ist mit Hansi Stöckl ein guter Freund & Partner dazu gekommen und seither machen wir wie ein altes Ehepaar alles gemeinsam. Bei knapp 6000 Gästen kannst Du nicht mehr alles alleine machen. Uns unterstützen derzeit rund 160 Bergführer und Bergwanderführer aus dem ganzen Alpenraum. Im Büro haben wir 6 Mitarbeiter die die Organisation unterstützen. 

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