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Persische Wurzeln, Ulmer Erfolgsgeschichte

Wenn man Tala Nassrollah begegnet, spürt man sofort ihre Energie. Sie ist Gastronomin, Unternehmerin und DJ – eine Frau, die nie stillsteht. Doch ihr Weg begann mit einem Neuanfang, der alles andere als einfach war: Mit drei Jahren kam sie mit ihrer Familie aus dem Iran nach Deutschland, um ein neues Leben aufzubauen. Heute ist sie gemeinsam mit ihrem Bruder das Gesicht hinter „Fruchtrausch“ und „Eisrausch“ in Ulm, organisiert Events und begeistert seit fast 15 Jahren als DJ die Festival-Szene. Im Gespräch mit Mathias Eigl erzählt sie von ihrem Weg, dem Mut, alles auf Anfang zu setzen, und warum sie sich ein Leben ohne Freiheit nicht vorstellen kann.

Mathias Eigl: Tala, du bist heute Gastronomin, DJ und Unternehmerin. Dein Weg hat aber in einer ganz anderen Welt begonnen. Wie war das damals, als du mit deiner Familie aus dem Iran nach Deutschland kamst?

Tala Nassrollah: Ich war drei, fast vier Jahre alt, als wir nach Deutschland kamen. Meine Eltern wollten uns eine bessere Zukunft ermöglichen, weil das Leben unter dem Regime im Iran keine Perspektive mehr bot. Mein Vater hat hier eine Stelle im Krankenhaus bekommen, und so sind wir nach Deutschland gezogen. Es war ein kompletter Neustart – für meine Eltern sicher eine große Herausforderung.

Mathias: Warum ausgerechnet Ulm?

Tala: Das hat sich durch die Arbeitsstelle meines Vaters ergeben. Wir waren zuerst in Hessen, in einem kleinen Dorf, und später sind wir nach Ulm gezogen. Als Geflüchtete entscheidest du ja nicht selbst, wohin du kommst.

Mathias: Deine Eltern haben also alles hinter sich gelassen?

Tala: Ja, das war ein großes Opfer. Unsere gesamte Familie – Großeltern, Tanten, Onkel – blieb im Iran. Mein Vater war Internist und hatte dort ein sehr gutes Leben. Hier mussten wir bei null anfangen. Aber meine Eltern haben alles gegeben. Mein Vater hat 40 Jahre ohne einen einzigen Krankheitstag gearbeitet. Meine Mutter hat mit 40 noch eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht und arbeitet seit über 20 Jahren im Kindergarten.

Mathias: Und du? Du hast ja mit Jura angefangen. Wie kam es dazu, dass du heute Fruchtrausch und Eisrausch betreibst?

Tala: Jura war mein Traum – zumindest dachte ich das. Aber ich bin nicht der Typ, der sich auf eine Sache konzentrieren kann. Während des Studiums war ich auch in der Gastronomie und habe Musik gemacht. Irgendwann habe ich das Studium abgebrochen, weil ich gemerkt habe, dass ich lieber etwas Praktisches machen möchte. 2018 haben mein Bruder und ich den Fruchtrausch übernommen, ihn modernisiert und den Eisrausch dazu aufgebaut.

Mathias: Wie läuft die Zusammenarbeit mit deinem Bruder?

Tala: Super! Wir sind ein eingespieltes Team. Er ist der Kopf, ich bin die Umsetzerin. Wir ergänzen uns perfekt – naja, meistens zumindest. (lacht)

Mathias: Neben der Gastronomie bist du auch DJ. Wie schaffst du das alles?

Tala: Es ist manchmal stressig, aber ich liebe die Abwechslung. Im Sommer hat die Gastronomie Priorität, dann lege ich vielleicht nur viermal im Monat auf. Aber die Musik bleibt wichtig für mich – ich bin jetzt seit fast 15 Jahren DJ und freue mich immer auf die Festival-Saison.

Mathias: Wenn du zurückblickst – was hat dich am meisten geprägt?

Tala: Die Freiheit, die ich hier erleben durfte. Ich konnte ausprobieren, wer ich sein will, und meinen eigenen Weg gehen. Hätten wir den Iran nicht verlassen, wäre mein Leben heute sicher ganz anders. Vielleicht wäre ich verheiratet und hätte drei Kinder. Das ist nichts Schlechtes, aber ich bin dankbar, dass ich hier erst mal mein eigenes Leben leben konnte.

Mathias: Was denkst du über die aktuelle gesellschaftliche Diskussion um Migration?

Tala: Die Diskussion finde ich oft sehr einseitig. Viele sehen nur Vorurteile und Stereotype, aber nicht die Realität. Meine Eltern haben hart gearbeitet, um sich hier ein Leben aufzubauen, und so geht es vielen anderen auch. Das wird oft übersehen.

Mathias: Und wie sieht deine Zukunft aus?

Tala: Ich bin zufrieden mit dem, was wir erreicht haben. Es ist kein Imperium, aber wir leben ein gutes Leben. Ich hoffe, dass wir weiterhin Menschen inspirieren können – ob in der Gastronomie, durch Musik oder einfach durch unsere Geschichte.

Mathias: Danke für das Gespräch, Tala!

Tala: Danke dir, Mathias!

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