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„Es muss wieder ein Ruck durch Deutschland gehen” 

Er hat aus einem Umzugsunternehmen mit wenig Substanz eine erfolgreiche Firma gemacht: Als Marcello Danieli Harder Logistics übernahm, hatte das Geschäftsmodell  kaum Zukunft . Keine Freizeit, kein Geld – aber einen Traum. Im Interview erzählt er, wie er sich durchgebissen hat, warum die Work-Life-Balance nicht zur Life-Work-Balance verkommen darf und wieso der wirtschaftliche Erfolg in Deutschland von jedem Einzelnen abhängt. 

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Mathias Eigl (M): Herr Danieli, Sie haben vor über 20 Jahren ein kleines, marodes Unternehmen übernommen und daraus eine Erfolgsgeschichte gemacht. Wie hat das begonnen?

Marcello Danieli (D): Ganz ehrlich? Es war ein Sprung ins kalte Wasser, bei dem ich nicht wusste, wie tief es ist. Ich habe ein kleines Speditionsunternehmen übernommen, das kaum überlebensfähig war. Sechs Lkw gehörten dazu – drei davon waren so kaputt, dass ich sie sofort auf den Schrottplatz fahren musste. Alles, was ich übernommen habe, war entweder veraltet, defekt oder schlichtweg nicht konkurrenzfähig. Das Unternehmen hatte keine Struktur, keine Zukunftsperspektive.

Warum ich das trotzdem gemacht habe? Ich hatte zwei Träume: Erstens wollte ich mir nicht mehr von anderen sagen lassen, was ich zu tun und zu lassen habe. Und zweitens wollte ich beweisen, dass ich es schaffen kann, etwas Eigenes aufzubauen. Aber ich will ehrlich sein: Es war eine unglaubliche Herausforderung. Die ersten zwei Jahre waren brutal. Ich habe jeden Samstag, jeden Sonntag, jeden Feiertag gearbeitet und alles, was wir verdient haben, reinvestiert. Ich hatte keine Freizeit, keine Sicherheit, aber ich wusste, dass ich es schaffen kann – solange ich nicht aufgebe.

„Von nichts kommt nichts“: Der Wert von Fleiß und Beharrlichkeit

M: Sie betonen oft die Bedeutung von harter Arbeit. Warum ist Fleiß für Sie so entscheidend?

D: Fleiß ist für mich das Fundament von allem. Ich habe in meiner Karriere gelernt, dass Erfolg zu 45 % aus Fleiß, zu 45 % aus Beharrlichkeit und Nachhaltigkeit und nur zu 10 % aus Glück besteht. Diese 90 %, die wir beeinflussen können, sind der Schlüssel. Sie müssen bereit sein, mehr zu geben als andere, jeden Tag ein bisschen besser zu werden und Rückschläge als Teil des Prozesses zu akzeptieren.

Ich glaube, dass viele Menschen diese Haltung heute verloren haben. Es geht oft mehr um die Frage, wie man weniger arbeiten kann, als um die Frage, wie man mehr erreichen kann. Work-Life-Balance ist ein großes Thema, aber ich habe damals keine Balance gesucht – ich habe ein Fundament gelegt. Wenn ich höre, dass junge Leute von einer Vier-Tage-Woche mit 30 Stunden Arbeitszeit  träumen, bevor sie überhaupt etwas geschaffen haben, frage ich mich, wo das hinführen soll.

Ein Fundament, das bröckelt

M: Was läuft Ihrer Meinung nach in Deutschland schief?

D: Das Problem liegt darin, dass wir uns auf einem Fundament ausruhen, das längst zu bröckeln begonnen hat. Deutschland hat großartige Talente, die besten Ingenieure der Welt und eine Innovationskraft, die uns weltweit einzigartig macht. Aber wir setzen dieses Potenzial nicht ein, weil wir uns in Bequemlichkeit verloren haben. 

Das größte Problem ist unsere Wohlstandsverwahrlosung. Uns geht es so gut, dass wir den Drang verloren haben, uns zu bewegen. Ich nenne es oft scherzhaft das „Luxusproblem der Sattheit“. Warum soll ich mich anstrengen, wenn ich doch bequem leben kann? Das ist gefährlich, weil es dazu führt, dass wir in Deutschland immer weiter zurückfallen, während andere Länder aufholen.

M: Sehen Sie Lösungen dafür?

D: Absolut. Es fängt bei jedem Einzelnen an. Wenn wir verstehen, dass unser Wohlstand keine Selbstverständlichkeit ist, sondern jeden Tag neu erarbeitet werden muss, dann könnten wir uns wieder aufrappeln. Zum Beispiel: Wenn jeder Deutsche nur eine halbe Stunde länger arbeiten würde – und diese Zeit lohnsteuerfrei direkt in die Infrastruktur fließt –, könnten wir in wenigen Jahren alle Schulen, Straßen und Kitas sanieren. Aber dazu braucht es den Willen, den ich oft vermisse.

Fehlender Patriotismus und Zusammenhalt

M: Sie sprechen von einem fehlenden Patriotismus. Was meinen Sie damit?

D: Mir geht es nicht um Nationalismus, sondern um den Stolz, den andere Länder selbstverständlich empfinden. In der Schweiz hängt an jeder Ecke eine Flagge, in den USA ist es normal, stolz auf die eigene Arbeit und das eigene Land zu sein. Hier in Deutschland trauen wir uns nicht einmal, stolz auf unsere Errungenschaften zu sein, ohne sofort in eine Diskussion über die Vergangenheit zu geraten. Ich möchte betonen, dass ich politisch neutral bin. 

Das Problem ist, dass wir den Zusammenhalt verloren haben. Es geht nur noch darum, wie jeder für sich das meiste rausholen kann. Aber eine Gesellschaft funktioniert nur, wenn wir als Gemeinschaft handeln. Wenn wir uns wieder darauf besinnen würden, dass unser Erfolg von jedem Einzelnen abhängt, könnten wir Dinge bewegen, die heute unvorstellbar erscheinen.

Gesellschaftliches Engagement: „Ich muss sonst platzen“

M: Sie engagieren sich auch gesellschaftlich. Warum ist Ihnen das wichtig?

D: Weil ich sonst platzen würde. Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie in diesem Land alles stagniert. Jedes Jahr suche ich mir ein Thema, das mich bewegt – sei es Bürokratie, Bildungspolitik oder Energiefragen. Ich schreibe Briefe, rufe an, mache Druck.

Ein Beispiel: Vor ein paar Jahren wollte ich drei Geflüchtete ausbilden. Das waren junge, motivierte Männer, die unbedingt arbeiten wollten. Aber die Behörden haben mir nur Steine in den Weg gelegt – eine Genehmigung hier, ein Formular dort, es war absurd . Wir haben diesen Missstand damals öffentlich gemacht und sind dafür mit dem „Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel“ ausgezeichnet worden. Es geht mir nicht um den Preis, sondern um eine offene Auseinandersetzung mit solchen Hindernissen.

Eine Botschaft an die nächste Generation

M: Wenn junge Menschen dieses Interview lesen – was möchten Sie ihnen mit auf den Weg geben?

D: Hört auf zu jammern und fangt an zu handeln. Erfolg kommt nicht von allein. Ihr müsst bereit sein, mehr zu geben als andere, fleißig zu sein und niemals aufzugeben. Es ist in Ordnung, Fehler zu machen – das gehört dazu. Aber Verantwortung zu übernehmen, ist der erste Schritt.

Ich habe in meiner Karriere viel von Mentoren gelernt, die mir oft den entscheidenden Schubs gegeben haben. Wenn ihr unsicher seid, fragt um Rat. Aber hört auf, Ausreden zu suchen. Die Welt verändert sich, und wir müssen lernen, uns mit ihr zu verändern.

Ein Ruck muss durch Deutschland gehen

M: Herr Danieli, glauben Sie, Deutschland kann die Kurve noch kriegen?

D: Ja natürlich, aber nur, wenn ein Ruck durch das Land geht. Wir müssen aufhören, uns in Bequemlichkeit zu verlieren, und wieder Verantwortung übernehmen – für uns selbst und für unsere Gemeinschaft. Deutschland hat das Potenzial, wieder an die Spitze zu kommen, aber das Fundament muss erneuert werden. Es ist Zeit, dass wir aufwachen und anpacken.

M: Vielen Dank für das Gespräch.

D: Danke Ihnen.

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