Ulmer Export: Uli Hoeneß
Albert Einsteins Eltern betrieben in Ulm eine Bettfederhandlung, die Familie Hoeneß eine Metzgerei. Nach dem Abitur in Ulm wollte Uli jedoch nicht Metzger werden, sondern in München BWL studieren. Doch daraus wurde nichts: Studienbewerbern, die ihr Abitur außerhalb des Freistaates abgelegt hatten, wurde eine ganze Note abgezogen. So wurde aus Ulis 2,4 eine 3,4. Das reichte nicht.
Notgedrungen studierte Hoeneß Anglistik und Geschichte auf Lehramt. Das war Ende 1971. Weniger als drei Jahre später gewann er die Fußball-Weltmeisterschaft. Immer an seiner Seite: seine Freundin und spätere Ehefrau Susi. Susanne Martin und Ulrich Hoeneß lernten sich 1967 im Cafe Ströbele in der Hirschstraße kennen. Sie war Sprecherin des St. Hildegard Gymnasiums. Er war Schülervertreter des Schubart-Gymnasiums. Sie berieten über die Sanierung des Schülerzeitung, die beiden Schulen gemeinsam herausbrachten und für die das Geld fehlte. Schon damals zeigte sich das Talent für Organisation und Weitsicht des späteren Ehepaares: Um das nötige Geld für das Überleben der Schülerzeitung anzuschaffen, organisierten sie ein Schulfest – mitsamt Überdachung durch ein 600 Quadratmeter großes Bundeswehr-Tarnnetz, Band und Würstchen aus Papas Metzgerei.
1970 wechselte Uli Hoeneß vom TSG Ulm 1846 zum FC Bayern München. Dort begann er seine Karriere als Weltfußballer. In den kommenden Jahren wird Fußballgeschichte geschrieben: Europameister 1972, Weltmeister 1974, Deutscher Meister, DFB-Pokal … Mit 22 Jahren hatte Uli Hoeneß alle wichtigen Fußball-Titel erreicht. Noch als Spieler zeigte er sein Management-Talent und vermittelte einen Sponsorenvertrag zwischen Bayern München und dem Ulmer Nutzfahrzeughersteller Magirus Deutz. Durch den Erlös war der Verein in der Lage, Paul Breitner, einen Freund von Uli Hoeneß, zurückzukaufen.
1979 beendete Hoeneß seine Profi-Tätigkeit und wechselte in das Management von Bayern München. Nun führte er beim FC Bayern München etwas ein, was man bislang in Deutschland nicht kannte: den Verkauf von Fanartikeln. Dadurch bescherte er dem Verein zusätzliche Einnahmen in Millionenhöhe. Aus dem Nichts und ohne wirtschaftliche Vorkenntnisse (ein Studium der BWL war ja nicht möglich) baute der Ulmer Uli Hoeneß ein Wirtschaftsimperium mit Millionenerträgen auf. Wie muss ein Mensch ticken, um das zu bewerkstelligen?
2013 attestierte ein Psychiater Uli Hoeneß eine „narzisstische Persönlichkeit“. Eine Eigenart von Narzissten: wettbewerbsorientiert, selbstsicher und erfolgreich – aber auch paranoid, mit Zwang zum Erfolg, aber auch zur Bewunderung, dabei beratungsresistent und gerne mit dem Kopf durch die Wand. Doch es gibt auch den Glückspils Uli Hoeneß. So zum Beispiel 1982, als der damals 30-Jährige mit Freunden in einem zweimotorigen Leichtflugzeug von München nach Hannover flog. Kurz vor der planmäßigen Landung stürzte die Maschine ab. Weil Hoeneß günstig saß und nicht angeschnallt war, wurde er aus dem Flugzeug geschleudert. Das rettete ihm das Leben.
Dann, im Jahr 2013 der zweite Absturz: Anklage wegen Steuerhinterziehung. Er, der so viel erreicht hatte, dass es für viele Leben ausgereicht hätte, wollte mehr. Börsensucht, Konten in der Schweiz, Steuerhinterziehung, verspätete Selbstanzeige, eine Haftstrafe von mehr als drei Jahren. Doch dass Hoeneß die ganze Haftstrafe absitzen muss, ist unwahrscheinlich: Bereits nach zwei Dritteln der Zeit kann die restliche Strafe zur Bewährung umgewandelt werden. Und die Zeit im Gefängnis könnte eher einem Klosterbesuch gleichen: kaum Besuch, viel Ruhe und die Zelle darf in „angemessenem Umfang“ selbst gestaltet werden.