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Von wegen bodenständig

Der Mann, der fast schon schüchtern erzählt, dass seine Firma bald das höchste religiöse Bauwerk der Welt mitgeprägt hat – der kommt aus Gundelfingen an der Donau. Nicht aus London, nicht aus Dubai. Und auch nicht aus Barcelona. Obwohl genau da sein neuestes Werk gerade entsteht: ein 100 Tonnen schweres Kreuz für die Sagrada Família. Ja, die Sagrada Família. Gaudí. Weltkulturerbe. Postkarten-Material.

Jürgen ist Geschäftsführer bei der Josef Gartner GmbH, einer Firma, die Fassaden baut, aber sich dabei nicht mit der Klinkerwand vom Supermarkt um die Ecke zufriedengibt. Sondern lieber mit Google, Apple, dem World Trade Center oder eben: einem Kreuz auf der berühmtesten Baustelle Europas.

Und trotzdem: Wenn man mit ihm spricht, klingt da nichts nach Business Punk, sondern eher nach ehrlichem Handwerk und Bodenhaftung. Das passt. Denn wollte Jürgen Wax eigentlich nie hoch hinaus. Er kommt aus dem Bayerischen Wald, aus einem Holzbaubetrieb. Studiert hat er in Rosenheim, den Kopf voller Holzbau-Ingenieursträume – ganz solide, ganz klassisch. Keine Spur von Weltarchitektur oder Instagram-Glamour. Aber dann kam das Angebot: London. Zwei Jahre. Mal raus aus dem Wald, rein in die Welt. Aus zwei wurden acht. Und dann kam Gundelfingen. 

Dass ausgerechnet er nun das Ulmer Münster vom Thron der höchsten Kirchen der Welt stößt – ausgerechnet mit einem Kreuz – ist eine göttliche Pointe. Und obwohl er selbst zugibt, dass ihm das anfangs gar nicht bewusst war, schwingt in seinen Worten fast so etwas wie leiser Respekt mit. „Wir kommen aus der Nähe von Ulm, das ist schon kurios.“ Schuldgefühle? Keine. Stolz? Schon eher.

Was man nicht sieht: In der Struktur des Kreuzes stecken die Namen seiner Mitarbeitenden – ganz offiziell unterschrieben, für die Ewigkeit. Falls in 300 Jahren mal jemand reinschaut. Und ganz ehrlich: Wenn wir heute ständig fragen, was bleibt, wenn wir mal nicht mehr da sind – das bleibt. Ein Stück Ewigkeit. Eingegossen in Beton, umhüllt mit Keramik, signiert von Jürgen und seinem Team.

Er sagt, der Reiz an seinem Job sei: Dinge zu tun, die noch nie jemand gemacht hat. Projekte, die nicht auf Seite 3 im Katalog stehen. Dinge, bei denen am Anfang oft nicht mal klar ist, ob sie technisch überhaupt machbar sind. Und dann einfach loslegen. Tüfteln. Verwerfen. Besser machen.

Zwischen Abu Dhabi, San Francisco und Barcelona hat Jürgen Wax nie den Blick fürs Große verloren – und nie die Liebe zum Detail. Er wirkt nicht wie ein Boss, der aus der Limousine springt. Eher wie einer, der in der Fertigung mit anpackt, wenn’s brennt. Der nachts nicht schlafen kann, wenn die Fliesen nicht passen. Und der weiß, dass gutes Handwerk manchmal auch einfach gute Menschen braucht.

Und nun die gute Nachricht: wenn Ulm irgendwann sagt: “Wir setzen noch einen Turm obendrauf”, dann ist Jürgen Wax zur Stelle. Er weiß ja jetzt, wie es geht.

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