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Vergessenes Gold aus Ulm

In Ulm hat man schon vieles erfunden: den Spatz, das Münster, die Schraube (fast). Und irgendwann, ziemlich genau in der Mitte des letzten Jahrhunderts, sogar die Suppe to go – in Pulverform.

Der Name: Ulmer Erbsle.

Nein, keine Hülsenfrucht. Kein Gemüse. Sondern kleine Eier-Suppenklößchen, so fein, dass sie laut Werbung „in der Suppe so groß“ waren. Und das Beste: „In fünf Minuten fertig auf dem Tisch.“ Man musste sie nicht mal kochen – nur übergießen. Fertig war das schwäbische Instant-Wunder.

Hergestellt wurde das Ganze vom Wilhelm Erb Nährmittelwerk in Ulm, einer Firma, die irgendwann zwischen Nachkriegszeit und Wirtschaftswunder den Nerv der Zeit traf. Schnell, praktisch, günstig. 25 Pfennig für zwei Teller Suppe – das war Comfort Food, bevor es das Wort überhaupt gab.

Die Verpackung sah aus, als hätte Opa sie direkt neben Persil und Maggi im Tante-Emma-Laden gekauft: blaue Kartons, gelbe Schrift, und ein riesiger Löffel mit orangeroten Klößchen als Verheißung auf warme Abende am Küchentisch. Auf dem Thekenaufsteller stand:

„Feinste Eier-Suppenklößchen – in der Suppe so groß.“

Ein Satz, der heute auf TikTok viral gehen würde – damals aber einfach nach Sonntag schmeckte.

Das Ulmer Erbsle war mehr als eine Suppeneinlage. Es war ein Stück Aufbruchsstimmung. Der Glaube daran, dass Technik, Geschmack und ein bisschen Chemie das Leben leichter machen. Vollautomatisch hergestellt – wie es stolz auf der Packung hieß – und vermutlich ein kleines kulinarisches Stück Zukunft aus der Donau-Metropole.

Heute ist das Ulmer Erbsle verschwunden. Kein Supermarkt führt es mehr, kein Kochbuch kennt das Rezept. Aber irgendwo zwischen Erbswurst und Maggiwürze bleibt es Teil jener Ära, in der man noch mit Stolz sagen konnte:

„Sogar die Suppe kommt aus Ulm.“

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