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New Ulm: Wie eine schwäbisch-bayerische Stadt in Amerika überlebte

Wie arme Schwaben und Bayern nach Minnesota auswanderten – und eine Stadt gründeten, die ihr deutsches Erbe bis heute bewahrt.

New Ulm historische Ansicht

Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte in Süddeutschland eine Krise. Besonders in Württemberg und Bayern waren die Lebensbedingungen für viele Menschen hart: Missernten, wirtschaftliche Unsicherheit, hohe Steuern und ein strenges Gesellschaftssystem führten dazu, dass Tausende nach Amerika auswanderten. Besonders betroffen waren Bauern und Handwerker aus Schwaben, die sich kaum noch ihren Lebensunterhalt sichern konnten.

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Doch wer in eine neue Welt aufbrach, suchte nicht nur ein besseres Leben – er wollte sich auch eine neue Heimat schaffen. Und genau das taten die deutschen Einwanderer, die 1854 New Ulm in Minnesota gründeten. Die meisten kamen aus Schwaben, einige aus Bayern und Böhmen.

New Ulm German Festival

Schwäbischer Fleiß, bayerische Feste: Die Mischung, die New Ulm prägte

Die Schwaben brachten ihren Fleiß, ihre Handwerkskunst und ihre Bodenständigkeit mit. Sie waren bekannt für ihren Ehrgeiz, ihre Genügsamkeit und ihre Fähigkeit, auch unter schwierigen Bedingungen zu überleben. Doch während die Schwaben oft als „Arbeiter“ der Stadtgeschichte gelten, brachten die Bayern eine andere Tradition mit: Geselligkeit, Feste und eine besondere Leidenschaft für gutes Bier.

Diese Kombination hat New Ulm geprägt. Die schwäbische Arbeitsethik sorgte dafür, dass die Einwanderer die Stadt von Grund auf aufbauten, Häuser errichteten, Handwerksbetriebe gründeten und eine funktionierende Infrastruktur schufen. Gleichzeitig entwickelte sich New Ulm zu einer Stadt, in der das Leben nicht nur aus Arbeit bestand – sondern auch aus gemeinschaftlichen Feiern.

Schell’s Brewery

Besonders sichtbar wurde das in der Schell’s Brewery, die 1860 von August Schell, einem deutschen Einwanderer, gegründet wurde. Während viele Brauereien in den USA aufhörten zu existieren, überlebte Schell’s selbst die Prohibition und ist heute die zweitälteste familiengeführte Brauerei in den Vereinigten Staaten. Heute gibt es in New Ulm das größte Oktoberfest in Minnesota, das bayerische und schwäbische Traditionen miteinander verbindet.

New Ulm Oktoberfest Parade

New Ulm: Schwäbische Stadt oder bayerische Kolonie?

Viele Amerikaner halten New Ulm für eine „bayerische Stadt in den USA“, weil das Oktoberfest hier so groß gefeiert wird. Doch die Wurzeln sind schwäbisch. Die Stadt wurde vor allem von armen Württembergern gegründet, die vor Hunger und Armut flohen – und mit harter Arbeit eine neue Existenz aufgebaut haben.

Die bayerische Identität kam erst später dazu, weil immer mehr bayerische Einwanderer nach Minnesota zogen. Heute ist New Ulm eine einzigartige Mischung. Der schwäbische Pragmatismus und Arbeitseifer bestimmen noch immer die Mentalität der Stadt. Die bayerische Feierkultur und das Bier sind das, was New Ulm über die Grenzen hinaus bekannt gemacht hat.

New Ulm historische Gebäude

Eine schwäbische Stadt mit bayerischer Seele

New Ulm wurde von Schwaben gegründet, aber die bayerische Kultur hat die Stadt über die Jahre geprägt. Vielleicht könnte man sagen:

New Ulm ist schwäbisch geboren – aber bayerisch aufgewachsen.

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