
„Wir fahren dahin, wo andere längst nicht mehr liefern“
Junginger ist kein Mann für Geschichten über alte Zeiten. Er hat BWL studiert, spielt selbst Klavier und Orgel, ist aus Überzeugung Unternehmer.
Er führt das Geschäft nach einem klaren Prinzip: Wenn der Markt sich verändert, musst du deine Struktur anpassen. Nicht deine Identität, aber deine Prozesse.
Konkret heißt das:
- Der Laden in der Innenstadt bietet Beratung durch echte Musiker – keine Aushilfen.
- Der Webshop dient nicht nur zum Verkaufen, sondern als Schaufenster, das Kunden aus 100 Kilometern Entfernung in den Laden holt.
- Und der Außendienst? Zwei Sprinter fahren regelmäßig Musikschulen, Vereine und Kunden in ganz Baden-Württemberg an. Kostenlos.
„Das kostet uns natürlich Geld“, sagt Junginger. „Aber es bringt Kundentreue, die kein Google Ad ersetzt.“
Wie ein Mittelständler Margen sichert, ohne Qualität zu verlieren
Viele Händler klagen über den Preisverfall. Junginger nicht. Er hat stattdessen angefangen, Eigenmarken direkt zu importieren – geprüft, getestet, selbst kontrolliert.
So entstehen Spielräume, die er bei teuren Markenprodukten nicht mehr hat.
Außerdem hat Reisser Exklusivverträge mit bestimmten Herstellern, die den Handel mit regionalem Gebietsschutz absichern.
„Wir kalkulieren jeden Artikel und wir wissen, was uns welche Produktgruppe bringt. Wenn man das im Griff hat, kann man auch im schwierigen Marktumfeld wirtschaftlich arbeiten.“
Digitalisierung: nicht laut, aber durchdacht
Viele reden über Digitalisierung – Reisser arbeitet daran. Der Webshop wird gerade komplett neu aufgebaut. Ziel ist:
- Integration mit dem Warenwirtschaftssystem
- automatisierte Kommunikation mit Kunden
- personalisierte Empfehlungen nach dem Kauf
- Transparenz über Rechnungen, Reparaturen, Bestellungen
Ein Beispiel: Wer ein Saxophon kauft, bekommt vier Wochen später automatisch eine Mail mit Pflegehinweisen, Zubehörtipps – und einem kurzen Video aus der Werkstatt.
„Wir wollen keine Dauerwerbung machen, sondern sinnvolle Informationen liefern. Kunden merken den Unterschied“, sagt Junginger.
Recruiting: Warum bei Reisser jemand über TikTok gefunden wurde
Fachkräfte für Beratung im Musikinstrumentehandel? Schwer zu finden.
Reisser sucht deshalb nicht nach Verkäufern, sondern nach Menschen mit musikalischem Hintergrund, die erklären können, was sie verkaufen. Und weil klassische Jobportale wenig bringen, kam der letzte Azubi über TikTok. Nicht durch eine große Kampagne, sondern durch ehrliche Einblicke in den Alltag. „Am Ende zählen Glaubwürdigkeit und Haltung“, so Junginger. „Kein perfekter Hochglanz.“
Warum viele scheitern – und was Reisser anders macht
„Wir sehen in den letzten Jahren, dass viele Wettbewerber keine Reserven mehr haben – weder wirtschaftlich noch strategisch“, sagt Junginger.
Das sei kein Vorwurf, aber eine Realität.
Viele hätten sich zu spät mit Direktimporten beschäftigt. Hätten zu lange auf alte Prozesse gesetzt. Und irgendwann keine Luft mehr gehabt, um umzubauen.
Bei Reisser war das anders:
- Man hat früh umgestellt.
- Man rechnet konservativ.
- Und man baut den Betrieb, wie ein Handwerker ein Instrument baut: Schritt für Schritt, ohne Lärm.
Fazit: Kein Geheimnis. Nur Arbeit.
Reisser Musik ist kein Wunder. Aber ein Beispiel dafür, wie man als Mittelständler durch harte Märkte kommt – mit Planung, Haltung und der Bereitschaft, Dinge anders zu machen als früher.
Michael Junginger verkauft keine Träume. Sondern Instrumente. Und das ziemlich erfolgreich.