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Die Ulmer Vogelmama: Wiltrud Spiecker und ihre 400 gefiederten Gäste. 

Hinter den Mauern eines anscheinend normalen Hauses in Ulm, verbirgt sich eine Rettungsstation für junge Vögel. Wiltrud Spiecker kümmert sich hier in ihren privaten Räumen seit über 20 Jahren ehrenamtlich um hilfsbedürftige Jungvögel. Jeden Sommer nimmt sie rund 400 kleine Vögel auf. Und das alles in ihrem Wohnzimmer!

Wiltrud kommt ursprünglich aus dem Ruhrgebiet und hat dort Biologie studiert. Ihre Karriere startete sie im Tierpark Bochum, wo sie ihr Talent im Umgang mit Jungvögeln entdeckte. „Ich habe einfach gemerkt, dass ich gut darin bin, diese kleinen Federbällchen aufzupäppeln“, erzählt sie mit einem Lächeln. Als ihr Mann dann eine Stelle in Ulm annahm, packte sie ihre Sachen und zog mit. Einen Job in ihrem neuen Zuhause zu finden, war jedoch nicht so leicht. Also entschied sie sich, ehrenamtlich aktiv zu werden – und Ulms verwaiste Vögel, hatten wieder eine Mutter.


Ein Sommer voller Piepsen: Das turbulente Leben einer Vogelpflegerin

Ab Mitte April beginnt für Wiltrud die Hochsaison. Dann trudeln die ersten Notfälle ein: kleine Vögelchen, die aus Nestern gefallen sind oder von Katzen verletzt wurden. „Von morgens 8 bis abends 11 wird gefüttert und sauber gemacht“, beschreibt sie ihren Tag. „Ich habe mit 60 bis 80 Vögeln pro Sommer angefangen, jetzt sind es über 400.“


Jeder Anruf zählt: Wenn das Telefon klingelt


Wiltrud ist nicht nur Vogelmama, sondern auch eine Art Vogel-Hotline. Menschen rufen sie an, wenn sie einen hilfsbedürftigen Vogel finden. „Heute Morgen hat zum Beispiel ein Kindergarten angerufen, weil ein Spatz aus dem Rollladenkasten gefallen war“, erzählt sie. Oft reicht ein beruhigendes Gespräch, aber viele bringen die Vögel direkt zu ihr. Ihre Beratung ist gefragt, und ihre Telefonleitungen sind heiß – Wiltrud ist eben die Vogel-Notfallzentrale von Ulm. Als Laie kann man oft nicht auf den ersten Blick erkennen, wann ein Vogel keine Hilfe mehr braucht. Zeichen dafür sind jedoch, wenn der Vogel flugfähig ist und selbständig Nahrung aufnimmt. All das erklärt sie immer und immer wieder. Mit einer Engelsgeduld. 


Schmerzliche Verluste und süße Erfolge

Zwei Baby-Amseln, im Hintergrund ein Spätzchen.

Die Arbeit mit Jungvögeln ist nicht immer leicht. „Von den gebrachten Vögeln stirbt etwa ein Drittel innerhalb der ersten Tage“, erklärt sie. Doch die Freude überwiegt, wenn sie sieht, wie ihre Schützlinge wachsen und gedeihen. „Es macht einfach Spaß, die Vögel groß werden zu sehen. Sie sind so neugierig und energiegeladen.“


Vogel-Liebe von klein auf

Zimmervoliere fürs Flugtraining.


Ihre Liebe zu den Vögeln begann schon früh. „Als Kind fand ich Flamingos doof, aber irgendwann habe ich angefangen, mich für Vögel zu interessieren“, erinnert sie sich lachend. Ihre Erfahrungen und ihr Wissen teilt sie gerne – vor allem am Telefon, wenn jemand anruft, der einen kleinen Vogel gefunden hat. Denn nicht immer sind die kleinen Findlinge wirklich auf Hilfe angewiesen. „Manchmal sitzen sie auch auf dem Boden, weil sie gerade ihr Nest verlassen haben. Freiwillig. Dann ist es am besten, sie in Ruhe zu lassen.“, meint Witrud. Die Spatzen hat sie ganz besonders ans Herz geschlossen. „Die Spatzen sind sehr soziale Tiere. Und jeder hat seinen eigenen Charakter“. Und das merkt man auch: Die kleinen Piepmätze können richtig zahm werden und entwickeln individuelle Persönlichkeiten.


Ein Netzwerk des Engagements: Unterstützung und Zusammenhalt

Mehlwürmer sind begehrte Leckerbissen.


Auf die Frage, was sie sich wünschen würde, wenn sie einen Wunsch frei hätte, antwortet sie: „Mehr andere Vogel-Mamas oder Papas. Denn vierhundert Vögel durch den Sommer zu bringen, ist sehr anstrengend. Ich bin froh über jeden, der mir welche abnimmt. Aber die Leute müssen auch  mal einen Rückschlag verkraften können“, sagt sie. „Denn die kleinen Vögel wollen nicht immer essen, manchmal muss man ihnen zu ihrem Glück verhelfen. Und wenn Jungtiere sterben, ist das natürlich traurig. Aber da sie sterben würden, wenn man nicht eingreift, kann man die Lage eigentlich nur verbessern.”

Zum Schluss: Wer will, der kann!

Also, wenn du das nächste Mal einen kleinen, hilfsbedürftigen Vogel findest, zögere nicht, Wiltrud anzurufen. Sie gibt dir Tipps oder nimmt den kleinen Piepmatz auf. Und wer weiß, vielleicht wirst du selbst zur Vogelmutter oder zum Vogelvater und hilfst, die gefiederten Freunde großzuziehen. Denn wie Wiltrud zeigt: Mit etwas Engagement kann man Großes bewirken!

Jungvogel gefunden? Hier gibt’s praktische Tipps: www.nabu-ulm-neu-ulm.de/tiere-pflanzen/fundvögel

Kontakt:
www.nabu-ulm-neu-ulm.de/wir-über-uns/ansprechpartner.

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